Regent  Berlin

City-Guide Herbst 2013/14

 

Die Brüder Posin

Original statt originell

Dort darf man ohne Hemmungen die "Mona Lisa" streicheln, ohne dass die Alarmanlage angeht: im "Kunstsalon der Gebrüder Posin" in Berlin-Neukölln. Schließlich sieht die Mona Lisa der russischen Brüder dem Original von da Vinci so verblüffend ähnlich, dass mancher Experte Schwierigkeiten hätte, sie von der echten zu unterscheiden. Original statt originell ist die Devise von Michael, Eugen und Semjon Posin - und dies so gut wie möglich, weshalb die Presse sie auch "die drei da Vincis aus Neukölln" nennt. Ob Barock, Expressionismus oder Jugendstil,  Rembrandts "Nachtwache", Dürers "Vier Apostel", Goyas "Nackte Maja" oder ein Straßenbild von Ernst Ludwig Kirchner, keine Kunstrichtung scheint ihnen fremd, jeder Kundenwundenwunsch wird erfüllt. Kirchner konnten sie allerdings erst kopieren, als sich sein Todestag 2008 zum siebzigsten Mal jährte. Anderenfalls hätten sie das Urheberrecht verletzt.

Nichts gemein haben sie allerdings mit der Mentalität des Kunstfälschers, der zu einem solchen wird, weil er es merkt, wie leicht sich eine Kunstwelt betrügen will. Ein Problem mit dem "Fälscher"-Etikett haben die Posins ohnehin nicht, tragen es eher mit einer Mischung aus Stolz und Ironie: "Wir betrachten unsere Bilder als Kunst, nicht als Handwerk". Und: "Jede unserer Kopien muss eine Seele haben":

Etwas aus der Zeit gefallen wirken die Gebrüder schon, mit ihren hageren und graubärtigen Gesichtern, die an manche Figur von Rembrandts "Nachtwache" erinnern würden, verwiesen nicht ihre geliebten Schlaghosen, Lederwesten und Holzfällerhemden eher in die Siebzigerjahre. Damals absolvierten die Söhne eines Intellektuellen und Japanologen aus St. Petersburg, der nur knapp dem Terror Stalins entkam, eine akademische Ausbildung an der Kunsthochschule. Wie ihr Vater gerieten auch sie in Konflikt mit dem Sowjetstaat und wanderten aus, 1984 landeten sie in Berlin. Ihre religiös-symbolisierten Bilder wollte hier zwar niemand kaufen, ihre Kopien aber sind Fans bis zu 10.000 Euro wert. Ein Hotelier spendierte ihnen im Ort Großräschen sogar ein Museum, weil er meinte: Wer so male wie die Brüder, habe schon etwas von einem Genie.

tpi    

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