Lausitzer Rundschau vom 07.12.2014

Russische Meisterfälscher lieben Großräschen

Heiliger Michael als Zuwachs fürs Fälschermuseum im Seehotel / Fernsehteam begleitet Gebrüder Posin


Andrea
Budich

Ihre Bilder hängen in der ganzen Welt: in Amerika, Japan, Australien und China. Da passt Großräschen eigentlich nicht rein und fällt aus dem Rahmen. Das Kleinstädtchen mit nicht mal mehr 10 000 Einwohnern zieht das berühmte Fälschertrio dennoch magisch an. Denn aus Großräschen stammt einer ihrer größten Bewunderer und Verehrer: der Hotelier, Unternehmer und leidenschaftliche Kunstsammler Gerold Schellstede.

Er hat den drei Kunstfälschern im Seehotel am Rande des sich füllenden Großräschener Sees ein eigenes Museum eingerichtet. Alle 153 Bilder, die dort hängen, haben die Posins gemalt. Die Entstehungsgeschichte des Heiligen Michaels, des jüngsten Alten Meisters, hat ein Fernsehteam von arte vom ersten Pinselstrich bis zum Aufhängen im Museum dokumentiert.

Die Posins haben eine Meisterschaft dafür entwickelt, so grandios zu fälschen, dass selbst ausgewiesene Kunstkenner die Posin-Werke nicht als Fälschung erkennen, wenn sie sie zum Gutachten vorgelegt bekommen würden. Die von Monet, Renoir, da Vinci, Rembrandt, Dürer, Rubens, van Gogh und Raffael abgekupferten Bilder sehen täuschend echt aus, sind es aber nicht. Friedlich vereint hängen sie alle im Fälschermuseum in Großräschen.

Unübertroffener Glanzpunkt dabei ist die als eine der schönsten Frauen der Welt verehrte Sixtinische Madonna. Ein Gemälde, das beinahe die Deckenhöhe des Fälschermuseums gesprengt hätte. Die meisterlich gefälschte Schönheit ist seit dem Vorjahr der Anziehungspunkt in Schellstedes Galerie der Täuschung. In der vergangenen Woche hat sich neuer himmlischer Glanz hinzugesellt. "Der Heilige Michael tötet den Dämon" macht der Madonna nun Konkurrenz, auf jeden Fall, was die imposanten Bildmaße betrifft.

Für den mit dem Bundesverdienstkreuz geehrten Schellstede erfüllt sich damit ein Herzenswunsch. Und dafür nimmt er auch in Kauf, dass für den Heiligen Michael erst einmal Platz geschaffen werden musste. Der wird von Bild zu Bild immer knapper.

Schellstede, der von den Alten Meistern begeistert ist und sich daran erfreut, so viel Schönheit im Hause zu haben, will weiter sammeln. Die nächsten Bilder sind bestellt. Ob er will oder nicht, muss er deshalb über einen Anbau oder den Kauf eines neuen Gebäudes nachdenken. Erste Ideen dafür hat er im Kopf.

Für Aufsehen und Schlagzeilen sorgt sein kleines, aber sehr feines Fälschermuseum unter dem Dach des Seehotels schon jetzt. In Europa sei es einzigartig, bestätigen Semjon, Eugen und Michael Posin. Und es gibt tatsächlich immer wieder mal Anfragen von großen Galerien aus der ganzen Welt. "Sie wollen die meisterlichen Fälschungen ausleihen, um die eigenen kostbaren Originale geschützt ins Depot hängen zu können", erklärt Schellstede. Anfragen dieser Art lehnt er freilich meistens ab. Weil er an jedem seiner Bilder hängt und sie beschützen will. Und so bereut er es auch nicht, den Filmstudios Babelsberg im Vorjahr eine Abfuhr gegeben zu haben. In einem Film mit George Clooney über Beutekunst sollten Schell stedes Bilder in einem alten Bergwerksstollen im Harz aufgefunden werden. Schellstede hat den Deal platzen lassen, weil er befürchtete, dass seine Bilder dabei beschädigt werden könnten. Eine Entscheidung, mit der er im Reinen ist, nachdem er den Film gesehen hat. "Die Szene im Bergwerksstollen wurde rausgeschnitten", ist er dann doch ein klein wenig erleichtert.

Zweimal im Pariser Louvre

Was seine Bilder bei Galeristen und Filmbossen so begehrlich macht, ist ihre außergewöhnliche Qualität. Um den Heiligen Michael perfekt auf die Leinwand zu bringen, sind die Posins zweimal im Pariser Louvre gewesen. Das Fälscher-Trio steht dann stundenlang vor Raffaels Original, um es zu entschlüsseln, um durchzuschauen, wie sie selbst sagen. "Wir kopieren nichts. Wir malen Bilder noch mal. Mit dem gleichen Gefühl, der gleichen Seele", erklärt Eugen Posin das Geheimnis der meisterlichen Fälschungen. Den perfekten Ton der Alterung konnten sie dem Heiligen Michael so erst nach dem letzten Paris-Besuch geben.

Bei den Posins, die zehn Jahre lang an der Kunsthochschule und Kunstakademie St. Petersburg studierten, geht es ohnehin nicht allein um Farbe. Bevor sie anfangen zu malen, tauchen sie mit Haut und Haar ein in das Leben und in die Technik des jeweiligen Künstlers.

Entspannt bei Mona Lisa

Der Heilige Michael, der jetzt in Großräschen hängt, ist nach diesem Erfolgsrezept entstanden. Ganz zufrieden sind die drei Fälscher natürlich nicht, wie es Künstlern wohl so eigen ist. "Der Raum müsste größer sein, die Ausleuchtung ist noch nicht ganz perfekt", meint Michael Posin. Gerold Schellstede indes ist überglücklich. Er freut sich schon jetzt über die vielen Besucher und vor allem Schulkinder, die staunend vor seinem neuesten Bild stehen werden.

Er selbst sitzt in seinem Fälschermuseum indes am liebsten auf der kleinen Lederbank vor der Mona Lisa. Wenn sie ihn hintergründig anlächelt, verfliegt garantiert jeder Ärger.

Andrea Budich

 

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