Berliner Morgenpost vom 30.01.01

Drei (falsche) Meister

Kunst aus zweiter Hand:  Die Brüder Posin treten das Erbe von Konrad Kujau an

Von Hendrik Werner 

Dass Fälschen ein hohe Kunst sein kann, wissen Liebhaber des Schönen, Guten und Wahren spätestens seit 1983. Damals  bescherten die täuschend echt anmutenden Hitler-Tagebücher des begnadeten Konrad Kujau Deutschland den wohl größten Fake-Skandal seiner an Klitterungen reichen Geschichte. Im vergangenen Jahr m achte der Meister der Mimesis seien Berufung zum Beruf, als er in Rudow eine Galerie der Fälschungen eröffnete.

nachdem der Kunstmaler und Militärhändler am 12. September 2000 einem Krebsleiden erlegen war, schloss seien Erbnichte Petra Kujau das Duplikatsdorado an der Neuhofer Straße. Von diesem Moment an klaffte in Berlin so etwas wie eine epigonale Marktlücke. Schließlich will die Welt betrogen sein. Als neue Sachwalter des Trompe-l'oeil sind jetzt in der Wipperstraße 20 (Neukölln) drei Russen angetreten, die einander in günstigem Licht beinahe so ähnlich sehen wie die von ihnen angefertigten Reproduktionen den Originalen. Täuschend echt sind etliche in der schummrigen Galerie ausgestellten Werke der Brüder Posin geraten, die sich am nämlichen Spagat zwischen Kunst und Kommerz, Authentizität und Reproduktion versuchen wollen wie einst Meister Kujau selig.

Die Lizenz zum Fälschen haben sich die Mitfünfziger Evgeni, Michail und Semjon redlich verdient. Schließlich machte sich das aus Sankt Petersburg bärtige Trio, das seine Elborate seit den 80er-Jahren auch in Deutschland zur Schau stellt, in der sogenannten Russischen Schule mit Kunstgeschichte, Mal- und Zeichentechniken vertraut. So vertraut, dass die Nachahmung alter Meister und junger Wilder schon sehr früh zu ihrem Rüstzeug wurde. Während Evgeni und Michael ihre Fertigkeit perfektionierten, mithilfe historisch nachempfundener Materialien und Techniken eine Ästhetik der Fälschung ins Bild zu setzen, widmete sich Semjon zusehends den bildenden, besser: nachbildenden Künsten. "Als ich Michael Gorbatschow vor einigen Jahren in Köln begegnete, habe ich ihm eine Gipsskulptur seines Kopfes geschenkt - er war über die Ähnlichkeit total verblüfft. Selbst den Blutschwamm muss ich gut getroffen haben", findet der Meisterfälscher bescheidene Worte des Eigenlobs.

Kunstbeflissene Galeriebesucher, die dienstags sowie donnerstags bis sonnabends zwischen 18 und 21 Uhr unter den Dutzenden ausgestellten Plagiatspreziosen nicht fündig werden sollten, haben selbstredend die Möglichkeit, sich Kopien ihres Lieblingsgemäldes maßanfertigen zu lassen. Gegen Honorar, versteht sich. Doch das fällt mit 500 bis 10 000 Mark eher bescheiden aus, nimmt man die marktüblichen Preise für echte Meister zum Maßstab.

Weil die Virtuosen zweiter Hand sich neben ihrer Liebe zur Kopie auch ihren pädagogischen Epos bewahrt haben, unterrichten sie sowohl bekennende Dilettanten als auch angehende Kunsthochschüler. Ein Anruf (62 73 77 27) bei den legitimen Erben Kujaus genügt. Echt!

 

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