Berliner Woche vom 11.05.2005

Alle Bilder echt falsch

Drei Brüder kopieren die großen Meister - ganz offiziell

Neukölln. Ob van Gogh, Dix, Corinth, Picasso, Rubens oder Leonhardo da Vinci:
Die weltberühmten, millionenschweren Werke der alten und neuen Meister gibt's in Neukölln viel billiger.
Der Unterschied: Alle Bilder sind echt falsch.

Gefälscht beziehungsweise kopiert von den drei russischen Brüdern Evgeni, Semjon und Michael Posin. Ihre Palette umfaßt alle Stilrichtungen und Maltechniken. Das nötige Rüstzeug bekamen die Gebrüder Posin in der Kunstakademie St. Petersburg, seit Mitte der 80er Jahre leben und arbeiten sie in Berlin. Seit Anfang des neuen Jahrhunderts betreiben sie in der Wipperstraße 20 ihren "Kunstsalon Posin - Galerie der Täuschung"

Verschollene Bilder

Die aktuelle Ausstellung der ganz offiziell (mit Zertifikat) fälschenden Kunstbrüder trägt  den Titel "Bilder leiden wie Menschen". Präsentiert werden akkurat nachgemalte Gemälde, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden oder verschollen sind; die den Nazis als "entartet" galten oder als Beutekunst von der Roten Armee nach Rußland mitgenommen wurden. Das Thema verschollene Kunst berührt die Posins auch ganz persönlich: Hunderte ihrer Bilder mußten sie in den 80er Jahren bei der Ausreise aus der Sowjetunion zurücklassen. "Wir haben keine Fotos und wissen auch nicht, was aus den Bildern geworden ist, bedauert Evgeni Poson(58). Zur Zeit arbeitet das Trio an einer großformatigen Kopie von "Tarquinius und Lukretia".
Das berühmte Rubens-Gemälde galt seit 1942 als verschollen und wurde erst 2003 stark beschädigt in einer Moskauer Wohnung zufällig wiederentdeckt. Der Termin für die neue Bildserie ist nicht zufällig gewählt: "Im Zusammenhang mit dem Kriegsende vor 60 Jahren ist immer von Menschen die Rede, die verfoldgt udn getötet wurden, nie aber von Bilder, die ebenso verfolgt und zerstört worden sind", sagt Bruder Semjon (61). Und Michael (57) meint sogar: "Bilder leiden wie Menschen", uns so  heißt denn auch die neue Ausstellung. Sie ist dienstags, donnerstags, freitags und sonnabends jeweils von 18 bis 21 Uhr in der Wipperstraße 20 zu besichtigen. Die Bilder sind auch verkäuflich.

HDK

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